Die dritte Etappe ist knapp 33 km lang und ziemlich zeitaufwendig. Da wir zu spät los und nicht ganz so schnell waren wie gedacht, versuchten wir vergebens auf dieser Strecke an der E6 (wichtige Verbindung zwischen den Metropolen Oslo und Trondheim) einen Schlafplatz zu finden. Nach herumirren im Wald und frustrierten Momenten, entschieden wir uns sieben Kilometer mit dem Bus zur Herberge zu fahren. Wir sprinteten aus dem Wald, denn der Datenkrake Google sei dank, wussten wir das uns dort ein Bus fast bis zur Herberge bringen würde. In unseren ersten beiden Unterkünften haben wir uns jeweils ins Gästebuch eingetragen. Jedes Mal prangte dort ein Bild von Hans-Peter aus der Schweiz als letzter Eintrag, und von Margarethe haben wir schon erfahren gehabt das er 77 Jahre alt ist und aus der Schweiz kommt. Und durch unseren kleinen „Zwischensprint“ haben wir Hans-Peter nun eingeholt, der die große Etappe in zwei kleinere aufgeteilt hat.
Mit Hans-Peter konnte man über sehr vieles reden. Mit seinen 77 Jahren konnte man aber auch vor allem seinen Erzählungen lauschen. Er konnte viel erzählen und wir reisten die nächsten vier Tage zu den gleichen Herbergen, jedoch in unterschiedlichen Tempo und zu unterschiedlichen Zeiten. Hans-Peter war morgens meisten schon weg oder kurz davor als wir aufgestanden waren, wir dagegen kamen am Anfang nicht vor 11:00 los und meisterten uns auf 09:00.
Von Risebru ging es nach Eidsvoll, einem ehemaligen Pfarrhaus. Es war groß, sehr schick und recht prunkvoll eingerichtet. Leider waren nebenan Eisenbahngleise, an denen gebaut wurde und wo die Gleisarbeiten das Haus zum Beben brachten. Ca. 3 m neben dem Haus ging der Bauzaun entlang und dann ging es bergab, wo gerade eine zweite Trasse gelegt und ein neuer Tunnel gebaut wird. Später wird das Grundstück dann wohl wieder zur Verfügung stehen. Uns sind schon sehr viele Baustellen rund um den Olavsweg aufgefallen. Neue Häuser und ganze Siedlungen, Industriegebiete, Autobahnen, Schienen und Tunnel. Man kann deutlich sehen wir sich der Olavsweg verändert, auch wenn man ihn bisher noch nicht gegangen ist. Die neuen Bauten und Baustellen zeigen es einem deutlich auf. Zudem fällt scheinbar ein hohes Investitionspotenzial in Norwegen zu geben, was ich persönlich spannend finde. In der Herberge wurden wir dann schon von Hans-Peter erwartet und später kamen noch überraschend Pavel und Theresa aus Polen, welche die letzten Kilometer im Regen laufen mussten. Wir verbrachten ein paar entspannte Stunden in der geräumigen Küche, erzählten und aßen Nudeln mit einer Gemüsetomatensoße. Die Räumlichkeiten luden förmlich zum erholen ein. Im Aufenthaltsraum tüftelten wir einen Plan aus, wie wir die nächsten Tage laufen sollten. Denn aufgrund des Schwindens einiger Herbergen, sind die Routen aus dem Reiseführer streckenweise so nicht mehr machbar. Somit suchten und rechneten wir neue Strecken für die nächsten drei Tage zusammen.
Neuer Routenvorschlag für Interessierte:
Etappe 5.
Eidsvoll gamle prestegård -> SannFredstun (25,7 km)
SannFredstun -> Hussmannsplassen Skomakerbakken (22,3 km)
Hussmannsplassen Skomakerbakken -> Herkestad gård (15,5 km)
Herkestad gård -> Pilegrimssenter Hamar (12,2 km)
Alternativ kann man natürlich auch von Hussmannsplassen Skomakerbakken bis Pilegrimssenter Hamar (27,7 km) laufen.
Auf dieser neuen Route haben wir zusammen mit Hans-Peter die Etappen geplant und sind diese in unterschiedlichen Tempo gegangen. Abends haben wir zusammen gesessen und gegessen und außer in Hussmannsplassen, wo wir zelteten, haben wir auch überall zusammen übernachtet. Leider wurde es diese Nacht so kalt, das wir doch noch in die zweite Blockhütte umgezogen sind und den Rest der Nacht dort verbracht haben. Unsere Idee mit der Fließunterlage hat den Kältetest von acht Grad leider nicht bestanden und somit uns auch vor eine neue Aufgabe gestellt. *Wir bedanken uns trotz allem noch einmal bei den fleißigen Händen die unsere Idee unterstützt haben!
Wie manche vielleicht wissen, hatten wir uns insgesamt gerne mehr noch auf die Reise vorbereitet, waren jedoch leider mit anderen Projekten beschäftigt welche Vorrang hatten. Daher sind manche unserer Ideen auch etwas spontan und andere wiederum hatten wesentlich früher geplant und organisiert. Letzten Endes finden wir doch immer irgendwie einen Weg/Lösung.
In der letzten Herbege vor Hamar, Herkestad gård, fühlten wir uns eher wie in einer kleinen Pension. Uns bewirtet Bente und sie könnte sogar fließend Deutsch, da sie einige Zeit in Deutschland gelebt hatte. Nun lebt sie wieder in Norwegen in der Nähe ihrer Tochter. Sie bewirtete uns erstklassig, wo wir uns schon fast wunderten was man „Pilgern“ heute alles so anbietet. Aber wir wussten ja auch das es seinen Preis hat. Von ihr haben wir auch erfahren das Norwegen nun eine Erhöhung der Steuern auf Air BnB‘s, kleinere Unterkünfte und Pensionen hat und darunter leider auch die Pilgerherbegen fallen. Später haben wir erfahren das es sich von 12 auf 15 % gesteigert hat. Sie befürchten das dies nun manche vor den Ruin treiben könnte und die Preiserhöhung mehr Pilger abschrecken wird. Reich wird mit einer Pilger-Herbege eh niemand und daher bemühen sich nun einige Besitzer von Beherbergungen, zusammen eine Lösung zu finden. Zum Glück gibt es noch kleinere und einfache Behausungen, in denen man für 5-15€ die Nacht schlafen kann. Dort ist das wichtigste vorhanden und macht den Pilgercharme aus. Eine Herberge die fast einen Air BnB, Pension oder Motel gleichkommt, ist dann zwar schöne Abwechslung aber auch ungewohnt in der Position in der man sich befindet.
In Hamar entschieden wir uns einen Ruhetag einzulegen. Wir hatten ca. 4-5 Tage dafür eingeplant und nach nun genau einer Woche laufen, entschieden wir uns für das wunderschöne „Pilgerzentrum und Herberge Hamar“. In Hamar kann man auch noch Stadien und Beschilderubgen von Olympiaaustragungsorten sehen, wie in vielen anderen Städten auch. In diesem Falle war es eine Eissporthalle. Auf unserem Weg durch Hamar könnten wir viel am Wasser, dem größten See Norwegens „Mjøsa“, entlang in Dir Stadt laufen. Vorbei an ein paar Gewerbeanlagen, Eisenbahnproduktionsstätten, Verladerampen für Holz auf Zugwaagons, Parkanlagen, Badestränden und einer Schulklasse die am Wasser mit Naturmaterialen schöne Kunstwerke erstellte. Das fanden wir spannend und wollten es uns später auf jeden Fall noch einmal anschauen. Zu erst gingen wir zum Dom; beziehungsweise dem was davon übriggebliebene ist; und dachten hier müsse auch die Pilgerherbege sein. Leider sind wir etwas zu weit gegangen und mussten ein Stück zurück. Mit schweren Rücksäcken macht man das eben ungerne. Als wir im Pilgerzentrum ankamen, roch es sehr lecker nach Waffeln, leider gab es direkt keine und wir haben uns beim Einkaufen für Abends alles noch nötige dafür eingekauft. Caro hatte am Dom ein Plakat gesehen was wir beide nicht recht verstanden haben, aber es scheinbar um Gesang oder ein Konzert ging. Auf Nachfrage bei der Herberge wurde uns auch direkt empfohlen die Vorführung im Dom um 15:00 nicht zu verpassen, sie ist für Pilger kostenfrei und man kann sie die Domruine unter Glas anschauen. Dementsprechend machten wir uns recht gleich auf den Weg und konnten uns von zwei jungen Musikstudierenden etwas über die Geschichte des Domes und Ortes erzählen lassen. An Anfang, zwischendurch und am Ende würden passend schöne Lieder von Ihnen gesungen die aus verschieben Jahrhunderten und Traditionen stammten, um die Geschichte zu untermalen. Für jeden Hamarbesucher sehr zu empfehlen.
Der Dom wurde nach einem missglückten Raubzug einer anderen Region, quasi auf dem Heimweg aus Frust zerstört, nie wieder aufgebaut und mehr oder minder als Steinbruch für viele neue Häuser und Kirchen verwendet. Jetzt steht eine Stahl-Glas-Konstruktion darüber und gibt diesem Ort etwas ganz besonderes; bei Tag wie bei Nacht. (Lediglich die neu installierte Vogelabwehranlage machte einen Heidenkrach, was dem Gesang einen unschönen Unterton verlieh).
Die Zeit in Hamar haben wir sehr genossen. Uns dreien; mit Hans-Peter; wurde die Pilgerherbege eigenständig überlassen und am Samstag Vormittag bis späten Mittag hatten wir diese für uns alleine. Die Herberge ist gleichzeitig Büro für zwei Mitarbeiter der Kirche und Museum und hat einen wunderschönen Aufenthaltsraum. Viel Licht, ein toller Holztisch, schöne Küche, Bad und Schlafräume machten uns die Zeit sehr schmackhaft. Es stand sogar allen Besuchern ein Rechner, iMac, zur Verfügung an dem ich unseren Blog einrichtete. Währenddessen wir dort saßen, aßen und es uns gut gingen ließen kamen über drei Stunden verteilt vier Leute in die Herberge und da niemand weiter vor Ort war, übernahmen Caro und ich die Begrüßung und Einweisung der neuen Gäste. In dieser Zeit könnte ich mir gut vorstellen selbst mal eine Pilgerherberge zu leiten 😉
So lernten wir Glenn kennen die den Olavsweg alleine läuft, Annika und Louis, die jedes Jahr zwei Wochen den Olavsweg gehen und dann jeweils dort weiterlaufen wo sie aufhörten und Alex aus Russland der auch auf dem Heimweg war. Es war also eine kleine Runde in der wir zusammen viel erzählten, über den Weg und die jeweiligen Erlebnisse redeten. Tipps und Tricks wurden ausgetauscht und wir spendierten allen ein paar warme Waffeln.
Hamar war für uns eine sehr schöne und geruhsame Zeit, mit viel Raum, Vertrauen und neuen Eindrücken. Zeit einiges zu verarbeiten und neues zu planen.