MitWirkung? Mit
Ein Konzept für ein Plug-in zur Sensibilisierung für den Umgang
mit Sprache im Umweltdiskurs
Problem & Kontext
Wie erreichen Umweltthemen die Menschen, die sich von der aktuellen Kommunikation nicht angesprochen fühlen? Um herauszufinden, wie Umweltkommunikation in Sozialen Medien Menschen beeinflusst, haben wir uns zunächst mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Grundlagen zu menschlichem Verhalten und sprachlichem Framing beschäftigt. Hierfür haben wir die »Moral Foundations Theory« von Jonathan Haidt und Jesse Graham mit der Idee des Framings von Elisabeth Wehling verknüpft, und eine Hypothese entwickelt, die lautet:
»Insbesondere im Umweltdiskurs werden oftmals sprachliche Frames verwendet, die auf einer Fürsorge-Kategorie beruhen.«
Diese Aussage fußt auf der Idee, dass bestimmte Begriffe bestimmte Emotionen in uns hervorrufen und somit moralische Grundlagen in uns ansprechen, die wiederum unsere Haltung und unser Verhalten prägen. Gestützt wird diese These zusätzlich von einer Studie aus dem Jahr 2012, durchgeführt von Matthew Feinberg und Robb Willer. Diese haben herausgefunden, dass wenn Textpassagen, die besonders viele Begriffe der Fürsorge-Kategorie beinhalten, in eine Unantastbarkeits-Kategorie umformuliert werden, Umweltthemen eine deutlich höhere Akzeptanz bei Menschen finden, die sich politisch dem eher konservativen Spektrum zuordnen würden.
Im weiteren Verlauf wollten wir selbst herausfinden, welche Kommunikation Wirkung zeigt und im besten Fall eine Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung begünstigt. Dafür haben wir Texte in Sozialen Medien auf vorhandene Sprachmuster und Bedeutungsebenen analysiert. Verschiedene Artikel haben wir dann mithilfe des »Moral Foundations Dictionary« umformuliert und in einem Online Survey auf deren Wirkung getestet.
Kontext
Umweltkommunikation,
Sprache, Plug-in
Team
Caroline Riedel-Gitter,
Catherine Eckenbach, Rufus Blauert
Tätigkeit
Recherche & Theorie – Catherine
Umfrage – Rufus
Idee & Konzept – alle
Gestaltung & Layout – Caroline
Plakatgestaltung – Caroline
Ergebnis
Konzept für ein Browser-Plug-in
Jahr
2019
Wie funktioniert's?
Die Idee, dass unterschiedliche Begriffe in Texten wirkungsmächtig sind und eine Sensibilisierung erfordern, findet sich auch in unserem Konzept wieder: Ein Browser-Plug-In zum herunterladen, welches bei Aktivierung alle Begriffe (inkl. Häufigkeit) einer Webseite auf Basis des »Moral Foundations Dictionary« analysiert. Die gefundenen Begriffe werden nach den fünf Moralischen Grundlagen Fürsorge, Fairness, Loyalität, Autorität und Unantastbarkeit kategorisiert. Neben der Analyse gibt es die Möglichkeit, kategorisierte Begriffe im Text farblich markieren zu lassen. Unter Details werden weitere Informationen zu den Kategorien, Synonyme und Alternativvorschlägen aufgelistet, sowie Statistiken und zeitliche Verläufe in Form von Grafiken angezeigt.
Zielgruppen
Es bietet sich an, zwei verschiedene Plug-In-Modelle zu entwickeln: eine Basisversion für all diejenigen, die wissen wollen, welche Frames in den Texten ihrer täglichen Informationsbeschaffung enthalten sind sowie eine Vollversion, gekennzeichnet durch funktionale Erweiterungen wie beispielsweise der Analyse eigens verfasster Textpassagen, insbesondere für Berufsgruppen, die sich mit dem Verfassen von Texten beschäftigen.
Ausblick und Potential
Wichtig ist in eine Erweiterung des wissenschaftlichen Fundaments. Das »Moral Foundations Dictionary« umfasst aktuell nur etwa 300 englische Begriffe und ist in deutscher Sprache so noch nicht verifiziert.
Neben der Erweiterung des Wortschatzes und der Einführung der sechsten Moralkategorie Freiheit, wäre der wissenschaftlich korrekte Übertrag in andere Sprachen sinnvoll, um das Plug-in optimal nutzen zu können. Mit einem größeren Wortschatz könnte auch die Forschung erweitert werden.
Liegt ein deutscher Wortschatz in ausreichendem Umfang vor, lässt sich das Testing im Rahmen des Online-Surveys weitertragen, indem man eine höhere Anzahl an Teilnehmenden erreicht und eine Wirkungsanalyse mit einschließt.
Alles in allem hat das Plug-in das Potential nicht nur Abonnent:innen und Rezipient:innen bestimmter Informationen zu erreichen und zu sensibilisieren sondern auch diejenigen, die derartige Texte im digitalen Raum verfassen. Das Hinterfragen und Reflektieren über den eigenen Wortgebrauch kann zu einem bewussteren Umgang mit Sprache führen, neue Dialoge und Umgangsweisen hervorbringen und Umweltthemen in eine breitere Öffentlichkeit tragen.
Der bewusste Umgang mit
Sprache ist das Ziel unseres
Plug-ins.
Dieser sollte allerdings stets
von zwei Seiten stattfinden,
der der Leser:innen und der
der Verfasser:innen.
Quellen
Feinberg, M. & Willer, R. (2013). The Moral Roots of Environmental Attitudes. Sage.
Graham, J., Haidt, J. & Nosek, B. A. (2009). Liberals and Conservatives Rely on Different Sets of Moral Foundations. Journal of Personality and Social Psychology, 96(5): 1029-1046.
Haidt, J. (2012). The Righteous Mind: Why Good People are Divided by Politics and Religion. Penguin Books.
Kahneman, D. & Tversky, A. (1984). Choices, Values, and Frames. American Psychologist, Vol. 39(4), 341-350.
Schröder, T. (2009). Die Affektsteuerungstheorie als allgemeine Theorie der sozialen Interaktion, Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin.
Umweltbundesamt (UBA). (2019). Schadstoffe: Erfolge im Gewässerschutz, Herausforderungen bleiben. Verfügbar unter http://www.umweltbundesamt.de/themen/schadstoffe-erfolge-im-gewaesserschutz
Wehling, E. (2016). Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht. Herbert von Halem.
Kursfazit
Seit mehreren Jahren habe ich begonnen, in meinem privaten Leben möglichst alles nachhaltig zu gestalten. Beginnend bei Ökostrom und Kippschalter für Zuhause, 100 % Bio-Lebensmittel, die Entscheidung gegen ein Auto und für ein Lastenfahrrad, Zug- statt Auto-Reisen, auf Fliegen verzichten solange es in Europa ist, Kleidung 100 % Fair-Trade und 90 % Bio, 10 % Second Hand und viele kleinere Entscheidungen, die zu einem nachhaltigeren Leben führen.
Dieser Antrieb ist nun seit 2009 fester Bestandteil meines Lebens. Diese Motivation habe ich in diesem Kurs wiedergefunden und das Engagement der Kommiliton:innen über den gesamten Kurs hinweg war inspirierend und ansteckend.
Die Kursstruktur hat durch ihre Exkursionen, Input und die Aussicht auf die Umweltkonferenz in Bern eine motivierende Dynamik entwickelt. Wir haben unterschiedlichste Ansätze verfolgt, Gedankengänge geteilt und Ideen weiterentwickelt. Ich habe in diesem Kurs wieder meine Stärken in Gruppenarbeiten einbringen können und mir auch neue Fertigkeiten aneignen können.
Die Umweltkonferenz in Bern war natürlich das Highlight des Kurses.